Jour fixe im Oktober
9. Oktober 2013, 18 Uhr
Im Moore 21, Raum A210
Isabelle Hannemann (Hannover):
»Der Teufel hat sich schick gemacht«
Überlegungen zum TäterinnenBILD in der Berichterstattung zum NSU-Prozess
»Zschäpe, das von Rassenhass zerfressene Monster?«, die »Diddl-Maus« der NSU, die »Nazi-Braut«, »die braune Witwe«, das »Oma-Kind«. In der Berichterstattung zum NSU-Prozess wird »die Überlebende der ›rechten Terrorzelle‹« wahlweise verkindlicht, sexualisiert, dämonisiert und vertiert. Öffentliches Rätselraten: Wie konnte die »nette Hausfrau« von nebenan zur »kaltblütigen Nazi-Braut« werden. Ganz so, als könne eine Frau nicht sowohl Kümmerin als auch neonazistische Killerin sein. Als ließen sich ein rechtsextremistisches Weltbild, aktiv aggressives Handeln, Gewalt und Grausamkeit nicht mit der sog. »Normalweiblichkeit« in Einklang bringen.
Der Vortrag widmet sich den medial produzierten Zerrbildern weiblicher Täterinnenschaft anhand von Schlüsseltexten zur weiblichen Entwicklung und wider die »Friedfertigkeit der Frau«, um die Nicht-Begabung der Frau zu Antisemitismus, Gewalt und Grausamkeit zu relativieren, zu diskutieren und theoretisch einzuholen.
Isabelle Hannemann studierte Sozialpsychologie und Literaturwissenschaft an der Leibniz Universität Hannover und lehrt derzeit als LfbA an Hochschule Hannover.
In Kooperation mit der der Fachstelle Gender und Rechtsextremismus und der Amadeu-Antonio-Stiftung.
Jour fixe im September
11. September 2013, 18 Uhr
Im Moore 21, Raum A210
Sebastian Winter (Hannover/Bielefeld):
Geschlecher- und Sexualitätsentwürfe in der SS-Zeitung Das schwarze Korps
In den nationalsozialistischen Entwürfen von Geschlecht und Sexualität wurde die bürgerliche Geschlechter-Komplementarität abgelöst durch eine geschlechterübergreifende „Kameradschaft“, in der die Sexualität nicht individueller Lust, sondern dem „Volk“ diente. Dem gegenüber standen antisemitische Feindbilder von Prüderie, Lüsternheit und Homosexualität.
Diese Selbst- und Feindbilder stellten ein Sinnstiftungsangebot und ein „Heils“-Versprechen dar, deren affektive Attraktivität sich aus ihrer Funktionalisierbarkeit zur Verleugnung basaler Konflikte der Geschlechtsidentitätsgenese erklärt. Dieser Zusammenhang wurde in der psychoanalytisch-sozialpsychologischen Antisemitismusforschung oft benannt, aber bislang meist androzentrisch und sozialcharakterologisch verkürzt dargestellt.
Sebastian Winter hat in seiner Dissertation diese Thematik anhand der SS-Zeitung Das Schwarze Korps untersucht und dabei einen diskursanalytischen Ansatz mit einer psychoanalytisch-sozialpsychologischen Interpretation verknüpft.
Sebastian Winter studierte Sozialpsychologie, Soziologie und Geschichte an der Leibniz Universität Hannover und lehrt derzeit als LfbA an der Universität Bielefeld im Arbeitsbereich „Gender“.
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Jour fixe im August
14. August 2013, 18:00 Uhr
Im Moore 21, Raum A210
Nikola Vucelic (Frankfurt a.M.):
Der Amselfeldmythos.
Zur Bedeutung und Funktion politischer Mythen in Serbien
Nationalismus ist bis heute ein viel beschriebener Begriff und so unterschiedlich die wissenschaftlichen Fachrichtungen sind, die sich damit befassen, so unterschiedlich sind auch die Definitionen, die zur Klärung dieses Phänomens beitragen sollen. Einen gewissen Konsens gibt es darüber, dass es sich beim Nationalismus um ein Phänomen der Moderne handelt und somit gemessen an der Geschichte menschlicher Vergemeinschaftung noch sehr jung ist, gleichwohl er dadurch nicht weniger bedeutsam ist. Ausgehend von der Annahme, dass die Sphäre des Politischen nicht ausschließlich von Rationalität bestimmt ist, soll der politische Mythos als Ausdruck von Irrationalität begriffen werden, wodurch er erst seine volle Wirkung entfaltet. In diesem Kontext ist tatsachenbasierte Geschichte für die Herausforderungen der Gegenwart nicht von Bedeutung, lediglich die affektive Bindung an den Mythos kann als historische und gegenwärtige Wahrheit begriffen werden. Der serbische Amselfeldmythos gilt hier als anschauliches Beispiel für die Verwobenheit von Nation und Mythos im Allgemeinen und für seine gesellschaftlichen Implikationen im Besonderen.
Nikola Vucelic, geb.1983, studierte Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt analytische Sozialpsychologie sowie Germanistik an der Universität Bremen und der Goethe Universität Frankfurt.
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VHS-Vortrag zu Haarmann und Lessing
Mittwoch, 10. Juli 2013, 18.30 – 20.30 Uhr
Rolf Pohl (Hannover):
„Nicht die Natur schuf die bösartigen Ungeheuer“.
Haarmann, Lessing und Hannover
Im Mittelpunkt des Vortrags wird die Haarmann-Studie des hannoverschen Philosophen, Mediziners, politischen Publizisten und Wegbereiters der modernen Erwachsenenbildung Theodor Lessing stehen. Sie liefert nicht nur wichtige Anhaltspunkte für eine auch aktuell spannende psychologische Analyse eines Sexualverbrechers. Lessings Schlussfolgerung, der „Triebkannibale“ sei nicht zuletzt ein Opfer sozialer Missstände, hat neben seiner scharfen Justizkritik zu seinem Ausschluss aus dem Prozess geführt. Dies war der Beginn einer politischen Hetzkampagne, die schließlich 1933 in seiner Ermordung als „jüdischer Vaterlandsverräter“ durch Angehörige der SA einmündete.
Veranstaltungsort:
Ada und Theodor Lessing Volkshochschule
Theodor-Lessing-Platz 1 | 30159 Hannover | Raum 214
Die Veranstaltung wird unterstützt durch die Ada und Theodor Lessing Volkshochschule und das Institut für Soziologie an der Leibniz Universität Hannover.
Jour fixe im Juni
12. Juni 2013, 18:00 Uhr c.t.
Im Moore 21, Raum A210
Eva Kalny (Hannover):
Menschenrechtsbildung und gruppenspezifische Diskriminierung.
Ansätze in der Lehre im Umgang mit MuslimInnenfeindlichkeit
Studien haben ergeben, dass Rassismus und MuslimInnenfeindlichkeit bis weit in die politische Mitte der Gesellschaft verbreitet sind.
Diese Problematik betrifft auch Universitäten und Dynamiken unter Studierenden. Die Lehre im Allgemeinen und insbesondere die Lehre gegen Rassismus und Diskriminierung stehen daher vor spezifischen Herausforderungen. Der Vortrag zeigt Ansätze für eine Lehre auf, die gruppenspezifische Diskriminierung und MuslimInnenfeindlichkeit thematisiert, und präsentiert erste Analysen und Ergebnisse.
Dr. Eva Kalny ist Akademische Rätin am Institut für Soziologie an der Leibniz Universität Hannover und habilitiert sich mit einer kritischen Analyse der Theorien sozialer Bewegungen am Beispiel Guatemalas.
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