Antiziganismus
Ein Ressentiment zwischen Angst, Verachtung und Neid
Vortrag und Diskussion mit Sebastian Winter (Hannover/Bielefeld)
22. Mai | 18.30 Uhr | Ada und Theodor Lessing Volkshochschule | Theodor-Lessing-Platz 1 | 30159 Hannover | Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Warum Hass?“ der VHS Hannover und der AG PolPsy
Im Antiziganismus überschneiden sich staatliche Flüchtlings- und Minderheitenpolitiken mit populären Ressentiments: Massenabschiebungen aus Deutschland und Frankreich in die Nachfolgestaaten Jugoslawiens, pogromartige Ausschreitungen in Ungarn, Slowenien, Bulgarien und Italien, alltägliche Diskriminierungen, versteckt hinter dem politischen korrekten Sprechen von „Sinti und Roma“ – die Kontinuität der gesellschaftlichen Exklusion von „Zigeunern“ ist auch nach der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik kaum gebrochen.
Parallel zur Stigmatisierung als „arbeitsscheu“ und „asozial“ besteht dabei eine Romantisierung und Exotisierung, die die „Zigeuner“ zu Repräsentanten eines freien und ungebunden Lebens werden lässt: „Lustig ist das Zigeunerleben….“
Neben einem (lokal-)historischen Rückblick auf die lange Geschichte des Antiziganismus steht im Mittelpunkt des Vortrags das schillernde Feind- und Sehnsuchtsbild vom „Zigeuner“ und von der „Zigeunerin“, das sozialpsychologisch auf die ihm unterliegenden Affekte von Angst, Verachtung und Neid hin befragt werden soll.
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Jour fixe im Mai
6. Mai, 18 Uhr c.t.,
Im Moore 21, A 210
Erica Augello (Göttingen):
Reizende Fremde.
Verhandlungsräume zwischen nationalem und transnationalem Sexismus
Der Begriff Sexismus wird zunächst, qua Definition, von der ausgeführten sexuellen Gewalt klar abgegrenzt, indem er dezidiert jene Verhaltensweisen beschreibt, wodurch geschlechtliche Ungleichheiten unterstellt oder befördert werden. Gleichwohl also eine Vergewaltigung nicht unter dem Begriff Sexismus subsumiert werden kann, bedeutet dieser, in der Zuschreibung von Geschlechterrollenbildern, nichtsdestoweniger eine ausgeübte Repression zum Erhalt und der Verfestigung von hegemonialen Machtverhältnissen. Hierin besteht zwischen beiden eine entscheidende Schnittmenge. Es ist daher nur sinnfällig, dass die bekannten Vergewaltigungsfälle in Indien immer wieder auch in den Kategorien des Sexismus diskutiert oder in der aktuell geführten ‚Sexismus-Debatte’ konterkarierend herangezogen werden. In dem überdurchschnittlich großen Medienecho um die Vergewaltigungsopfer in Indien, wurde neben Details zu den Gewalttaten, auch ein jahrzehntelanges Schweigen über vergleichbare Vorfälle publik. Die Frage nach den Gründen, aus welchen die Ereignisse in Neu Delhi zu gerade diesem Zeitpunkt eine derartige Debatte auszulösen vermochten, hat daher ein besonderes Interesse verdient. Eine soziologische und sozialpsychologische Analyse der Berichterstattung zielt auf die Ergründung dessen, was in der Presse über die manifeste Gewalttat hinaus, verhandelt wird.
Der Vortrag untersucht, ob und inwiefern sich im Mediendiskurs Transformationen von Geschlechterrollenbildern abzeichnen, oder Heteronormativität fortgeschrieben wird, und fragt in dieser Auseinandersetzung nach einer gesamtgesellschaftlichen Struktur und inwieweit sich dies auf einer globalökonomischen Bedeutungsebene denken lässt.
Erica Augello studierte in Frankfurt a.M. Soziologie und und arbeitet zur Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Evangelischen Hochschule Darmstadt.
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alles BIO? oder was?
Der kontrolliert biologische Mensch
19 Uhr, Im Moore 21, 30167 Hannover, A210
Eine Veranstaltungsreihe zur Kritik der Biologisierung der Subjektivität und der Ausblendung gesellschaftlicher Herrschafts- und Gewaltverhältnisse in den Neurowissenschaften (hier geht es zum Flyer).
alles BIO?
Mo. 6.5. – J. Djuren
Unterschiedliche Erkenntnisgegenstände erfordern unterschiedliche wissenschaftliche Zugänge. Die Gleichschaltung der Methoden unter naturwissenschaftlich-mathematischen Vorzeichen ersetzt kritisch rationale Wissenschaft durch Ideologieproduktion. Eine Grundlagenkritik der Auslassungen biologistischer Aussagen über den Menschen.
(J. Djuren – setzt sich seit 30 Jahren mit diesen Grundlagen auseinander)
Neuromythologie
Mo. 27.5. – Dr. F. Hasler
Auch wenn die „Neuen Wissenschaften des Gehirns“ in der Öffentlichkeit gerne den selbstsicheren Auftritt pflegen – die Diskrepanz zwischen proklamierter lebensweltlicher Relevanz und der Belastbarkeit der empirischen Daten ist beträchtlich. Der Neuromythologie-Vortrag beschäftigt sich mit den historischen Ursachen und den gesellschaftlichen Auswirkungen des neuroscientific turns. Eine grundlegende Kritik am Welterklärungsanspruch der Neurowissenschaften.
(Dr. F. Hasler – ist Forschungsassistent an der Berlin School of Mind and Brain der Humboldt-Universität zu Berlin. 2011 war er Gastwissenschaftler am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin. Sein wissenschaftskritisches Buch „Neuromythologie. Eine Streitschrift gegen die Deutungsmacht der Hirnforschung“, ist im Oktober 2012 im Transcript-Verlag erschienen.)
Der niedergeschlagene Mensch
Mo. 3.6. – Dr. Ch. Jurk
Eine aktuelle Kritik der rein biologistischen Sicht auf Depression unter Aufgriff einer Kritik an einer Gesellschaft, die Menschen immer stärkeren funktionalen Zwängen aussetzt und dabei noch lächelnde Begeisterung für jede Zumutung fordert – selbstbestimmt, mit Begeisterung, die fremdbestimmten Anforderungen zu erfüllen.
(Dr. Ch. Jurk – Sozialarbeiterin, Sozialwissenschaftlerin, Lehrbeauftragte an den Fachhochschulen Wiesbaden und Frankfurt. Forschungsarbeiten mit Schwerpunkt Gesundheitswesen. Ihre Dissertation ‚Der niedergeschlagene Mensch‘ zur Geschichte und gesellschaftlicher Bedeutung der Diagnose Depression ist im Internet verfügbar – http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2006/2711/pdf/JurkCharlotte-2006-02-13.pdf)
Das Nutzlose wird siegen
Mo. 17.6. – B. Moldenhauer
Warum genießen wir Horror? Eine kulturwissenschaftlich-soziologische Kritik gängiger Erklärungen (Evolutionsbiologie /Tiefenpsychologie / kognitivistische Ansätze) und eine alternative Sichtweise am Beispiel von Filmausschnitten aktueller Zombiefilme. Die Veranstaltung wird die Notwendigkeit aufzeigen, kulturelle Phänomene auch als solche zu diskutieren und die Grenzen biologistischer Erklärungen am konkreten filmwissenschaftlichen Beispiel verdeutlichen.
(B. Moldenhauer – Studium der Soziologie, Kulturwissenschaft und Philosophie in Bremen und Wien. Arbeitsschwerpunkte: Geschichte der Popkultur, Filmtheorie, Filmgeschichte, Körpersoziologie. Promoviert zur Zeit an der Universität Bremen zu Geschichte und Theorie des Horrorgenres. Arbeitet als Filmjournalist.)
Warum Hass?
In Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Politische Psychologie und dem Institut für Soziologie an der Leibniz Universität Hannover bietet die Ada und Theodor-Lessing Volkshochschule Hannover im Frühjahrssemester 2013 eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Warum Hass? Sozialpsychologische Perspektiven“ an (Hier geht es zum Flyer).
24. April
18:30 – 20:30 Uhr
Zur Sozialpsychologie des Rassismus.
Eine Einführung
Referent: Prof. Dr. Rolf Pohl
Gemeinsames Merkmal aller unterschiedlichen Formen des „Rassismus“ ist eine Störung der sozialen Wahrnehmung, die es scheinbar mühelos erlaubt, die als feindlich konstruierte und deswegen gehasste Fremdgruppe unter Bezug auf ihre angeblichen „Wesensmerkmale“ zu diskriminieren, auszugrenzen und zu verfolgen. Der Vortrag wird den damit verbundenen Fragen aus einer sozialpsychologischen Perspektive nachgehen, wobei insbesondere die Projektion und ihre psychosoziale Bedeutung als Mittel der Abwehr persönlicher und sozialer Ängste im Mittelpunkt stehen werden.
22. Mai
18:30 – 20:30 Uhr
Antiziganismus.
Ein Ressentiment zwischen Angst, Verachtung und Neid
Referent: Dr. des. Sebastian Winter
Im Antiziganismus überschneiden sich staatliche Flüchtlings- und Minderheitenpolitiken mit populären Ressentiments: Massenabschiebungen aus Deutschland und Frankreich, pogromartige Ausschreitungen in Ungarn, Slowenien, Bulgarien und Italien, alltägliche Diskriminierungen – die Kontinuität der Ausgrenzung wurde auch nach der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik gegen die „Zigeuner“ kaum gebrochen. Gleichzeitig mit ihrer Stigmatisierung als „arbeitsscheu“ und „asozial“ besteht aber auch eine Romantisierung des sogenannten „Zigeunerleben“. Neben einem Rückblick auf die Geschichte des Antiziganismus steht im Mittelpunkt des Vortrags daher das schillernde Feind- und Sehnsuchtsbild von dem „Zigeuner“ und der „Zigeunerin“, das sozialpsychologisch auf die ihm unterliegenden Affekte von Angst, Verachtung und Neid hin befragt werden soll.
26. Juni
18:30 – 20:30 Uhr
Alltagsantisemitismus unter Jugendlichen
Referent: Prof. Dr. Wolfram Stender
Alltagsantisemitismus macht auch vor Schulen und Einrichtungen der Jugendarbeit nicht halt. Ganz im Gegenteil: Aktuelle Studien zeigen, dass Alltagsantisemitismus bei vielen Jugendlichen zu erwarten ist, wenn auch kontextuell, gruppen- und geschlechtsspezifisch variierend. Häufig aber – auch dies zeigen die Forschungsbefunde – sind Pädagog_innen nicht in der Lage, die aktuellen Formen des Antisemitismus zu erkennen, geschweige denn angemessen auf sie zu reagieren. Stattdessen überwiegt ein angstbesetzter Anti-Antisemitismus, der zwischen Bagatellisierung und Dramatisierung hilflos hin und her schwankt.
10. Juli
18:30 – 20:30 Uhr
„Nicht die Natur schuf die bösartigen Ungeheuer“.
Haarmann, Lessing und Hannover
Referent: Prof. Dr. Rolf Pohl
Im Mittelpunkt des Vortrags wird die Haarmann-Studie des hannoverschen Philosophen, Mediziners, politischen Publizisten und Wegbereiters der modernen Erwachsenenbildung Theodor Lessing stehen. Sie liefert nicht nur wichtige Anhaltspunkte für eine auch aktuell spannende psychologische Analyse eines Sexualverbrechers. Lessings Schlussfolgerung, der „Triebkannibale“ sei nicht zuletzt ein Opfer sozialer Missstände, hat neben seiner scharfen Justizkritik zu seinem Ausschluss aus dem Prozess geführt. Dies war der Beginn einer politischen Hetzkampagne, die schließlich 1933 in seiner Ermordung als „jüdischer Vaterlandsverräter“ durch Angehörige der SA einmündete.
Jour fixe im April
10. April 2013, 18:00 Uhr
Im Moore 21, Raum A210
Johanna Sigl (Göttingen):
Alle ausgestiegen?!
Biographieanalytische Perspektiven auf die Verläufe der Zuwendung und Distanzierung von der extremen Rechten
Die Analyse der Lebensgeschichten von AussteigerInnen aus der extremen Rechten gibt Aufschluss darüber, welche biographischen Erfahrungsaufschichtungen und Handlungsentwürfe dazu führen können, dass sich jemand der rechten Szene zu- aber auch wieder abwendet.
Der Vortrag möchte aufzeigen, dass sowohl Zuwendungs- als auch die Distanzierungsprozesse nur dann verstehend nachvollzogen werden können, wenn sie eingebettet in die jeweilige biographische Gesamtgestalt analysiert werden. In ihr tauchen Fragen nach gesellschaftlichen und familialen Tradierungsprozessen auf, denen mit einer gendersensiblen Perspektive nachgespürt werden soll.
Die empirische Grundlage bilden biographisch-narrative Interviews (Schütze), die nach Rosenthal fallrekonstruktiv ausgewertet werden.
Johanna Sigl, M.A. promoviert als Stipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung an der Universität Göttingen (Methodenzentrum Sozialwissenschaften) am Lehrstuhl von Prof. Gabriele Rosenthal und ist Mitglied im Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus.
Plakat zum Jour fixe
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