Jour Fixe im Januar

Mi, 12.1.2010, 18 Uhr
Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210

Filmvorführung:
Fight Club
Regie: David Fincher, USA 1999

Der Film schildert den „Ausbruch“ des Protagonisten aus der von ihm als „verweiblichend“ und entfremdend wahrgenommenen Konsumwelt durch die Gründung von männerbündischen „Fight Clubs“: „Nirgendwo fühlt man sich so lebendig wie hier.“ Besteht der Zweck dieser Clubs anfänglich in ritualisierten, blutigen Schlägereien unter den Mitgliedern, so wandelt sich dies im Laufe des Films: Die „Fight Clubs“ entwickeln sich zu einer paramilitärischen Organisation, die versucht u.a. durch Bombenanschläge auf Banken die gesellschaftliche Ordnung zu erschüttern. Im Mittelpunkt von „Fight Club“ steht die „Krise der Männlichkeit“ und Gewalt als ein Versuch, diese Männlichkeit zu restituieren.
Der Film ist sehr kontrovers diskutiert worden. Slavoj Zizek etwa sieht in der dargestellten Gewalt ein revolutionäres Potential: „Although this strategy is risky and ambiguous (it can easily regress into a proto-fascist macho logic of violent male bonding), this risk has to be taken – there is no other direct way out of the closure of capitalist subjectivity”. Aber auch die neurechte „Junge Freiheit” hat „Fight Club” positiv besprochen.
In dem Jour Fixe wird der Film gezeigt und anschließend diskutiert.

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Jour fixe im Dezember

Mi, 08.12.2010, 18 Uhr
Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210

Jan Lohl:
Gefühlserbschaft und Rechtsextremismus

Generationenübergreifende Folgewirkungen des Nationalsozialismus in Familien von NS-VolksgenossInnen wurden bisher nur lückenhaft untersucht. Jan Lohl schließt diese Lücken in seiner jüngst erschienenen Untersuchung »Ge-fühlserbschaft und Rechtsextremismus. Eine sozialpsychologische Studie zur Generationengeschichte des Nationalsozialismus«. Auf dem Jour Fixe wird er die Hauptthesen seiner Arbeit skizzieren und zur Diskussion stellen.
Die Studie untersucht die intergenerationellen Folgen des Nationalsozialismus in den Familien von NS-Volksgenossen und ihre politische Handlungsrelevanz: Ausgehend von der »Unfähigkeit zu trauern« (Alexander & Margarete Mitscherlich), werden die nonlinearen Spuren einer affektiven Integration in die NS-Volksgemeinschaft über drei Generationen hinweg systematisch nachgezeichnet. Neu ist die Erkenntnis, wie der nationalsozialistische kollektiven Narzissmus tradiert wird und welche Mechanismen hierbei wirksam werden. Auf dieser Basis gelingt der Nachweis, dass NS-Gefühlserbschaften noch in der Enkelgeneration eine Andockstelle für jene paranoiden Ideologien darstellen, die in rechtsextremen Gruppen vermittelt werden. Das intergenerationelle Verhältnis von aktuellem Rechtsextremismus und Nationalsozialismus ist sozialpsychologisch zu analysieren; eine solche Analyse zeigt, dass die Entwicklung nationalistischer und antisemitischer Handlungsmuster aus einer intergenerationelle Perspektive verstanden werden muss.

Es besteht nach dem Jour Fixe die Möglichkeit das Buch zum vergünstigten Autorenpreis zu erwerben (20 statt 50 Euro).

Jour fixe im November

Mi, 10.11.2010, 18 Uhr
Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210

„Was bleibt“
Filmvorführung mit anschließender Diskussion

Im November zeigt die AG PolPsy den Film „Was bleibt“ von den Regisseurinnen Gesa Knolle und Birthe Templin, die ihren Film so beschreiben:
‚Was bleibt’ ist der erste Dokumentarfilm, der die familieninterne Aus-einandersetzung mit dem Holocaust sowohl auf der Seite der Täter, sowie der Opfer beleuchtet. Der Film lässt Frauen zu Wort kommen, die auf sehr unterschiedliche Weise mit der deutschen Vergangenheit und ihrer Gegenwart verbunden sind. So wird zum einen über eine Frau be-richtet, die mit ihrer Mutter auf Transport nach Auschwitz geht, in der Hoffnung, sie schützen zu können. Als sie nach Ravensbrück überstellt wird, sieht sie ihre Mutter zum letzten Mal und gibt ihr das Versprechen, von dem erlebten Grauen zu erzählen. Das tut sie bis heute in Schulen und anderen Orten. Sowohl ihre Tochter wie ihre Enkelin sehen es als Familienaufgabe, die Geschichte weiter zu tragen. Zum anderen erzählt ‚Was bleibt’ von einer Frau, die erst als Jugendliche erfährt, dass sie nicht von ihrer leiblichen Mutter, sondern ihrer Tante aufgezogen wurde. Nachforschungen zeigen, dass ihre Mutter KZ-Aufseherin war. Bis heute versucht sie herauszufinden, was für ein Mensch ihre Mutter gewesen ist und kann damit nicht aufhören, obwohl sie weiß, dass der Schmerz schlimmer wird, je mehr sie sich damit beschäftigt. Vielleicht auch deswegen ist ihre Tochter distanziert gegenüber ihrer Familiengeschichte und lässt nur manchmal die Angst zu, eine intergenerationelle Vorbelastung, eine brutale Härte zu haben.

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Szenische Lesung: Warum Krieg?

Sa, 30.10.10, 20.15-21 Uhr
Welfengarten 1 (Hauptgebäude), Raum F 342

Szenische Lesung im Rahmen der „Nacht, die Wissen schafft“ an der Leibniz Universität Hannover:

Warum Krieg? Ein Gespräch zwischen Albert Einstein und Sigmund Freud
mit Isabelle Hannemann und Jens Ihnen

Albert Einstein schreibt 1932, angeregt durch den Völkerbund, einen Brief an Sigmund Freud, in dem er sich Gedanken über die Ursachen von Krieg macht. Freud schreibt sogleich zurück. Dieser Briefwechsel besticht sowohl durch seine Brisanz in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen wie auch durch seine erstaunliche Aktualität. Für die ‚Nacht, die Wissen schafft‘ wurde er zu einem Gespräch umgearbeitet und wird szenisch gelesen und kommentiert.

Jour Fixe im Oktober

Mi, 13.10.2010, 18 Uhr
Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210

Nadja Meisterhans (Gießen):
Normativität und Psychoanalyse. Zum Verhältnis politiktheoretischer Herrschaftsbegründung und einer emanzipativ ausgerichteten (Ethno-)Psychoanalyse

Der Vortrag befasst sich mit den Grundlagen einer immanenten Herrschaftskritik im Rahmen einer durch Widersprüche gekennzeichneten (Welt-)Rechtsevolution. Mit Bezug auf sozialpsychologisch und (ethno-)psychoanalytisch informierte Überlegungen soll daher geklärt werden, ob und inwiefern die Kriterien eines normativ angemessenen Begriffs mondialer Herrschaft aus der erfolgreichen Verarbeitung von narrativ vermittelten Unrechtserfahrungen abgeleitet werden können. Offen ist in diesem Zusammenhang, ob und inwiefern die Erzählung als kognitiv relevante, d.h. Lernprozesse ermöglichende Sprachpraxis ausgewiesen werden kann, deren Eigenschaft es ist, nicht nur vergangene Erfahrungen in Form von sprachlich vermittelten Metaphern und Bildern zu speichern, sondern diese gespeicherten Erfahrungen gleichsam in eine Handlungsgrundlage für zukünftige kreative Lösungen zu transformieren. Damit ist nicht nur das Verhältnis von (transzendentaler) Vernunft(-sbegründung) und (immanenter und kreativer) Narration angesprochen, sondern auch die Frage, ob und inwiefern die Narration als Vernunftpraxis ausgewiesen und zur Grundlegung eines emanzipativ verstandenen Herrschaftsideals herangezogen werden kann.

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