Jour fixe im September

Mi, 08.09.2010, 18 Uhr c.t.
Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210

Christine Kirchhoff (Zentrum für Literatur und Kulturforschung, Berlin):
Wie die Gesellschaft ins Innerste des Subjekts kommt.
Von der Nachträglichkeit und den Anfängen des Psychischen

Paradoxerweise, so Adorno, sei Freud „in den innersten psy-chologischen Zellen auf Gesellschaftliches“ gestoßen. Die Fra-ge danach, wie sich mit Freud denken lassen könnte, wie es dort reinkommt, ist der Ausgangspunkt der Auseinandersetzung mit dem Konzept der Nachträglichkeit. Inwieweit dieses metapsychologische Konzept eine zentrale Bedeutung für eine kritischen Theorie der Subjektkonstitution hat, wird der Vortrag aufzeigen.
Während des Jour Fixes wird Christine Kirchhoff in Vortrag und Diskussion ihr 2009 erschienenen Buch „Das psychoana-lytische Konzept der Nachträglichkeit: Zeit, Bedeutung und die Anfänge des Psychischen“ (Psychosozial-Verlag) vorstellen.

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Jour fixe im August

Mi,11.08.2010, 18 Uhr c.t.
Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210

Jan Harig (Hannover):
Schwarz-rot-geil?
Über Patriotismus und Nationalismus bei der Fußball-WM der Männer

„Feiern ist befreien. Deutschland befreit sich grade von sich selbst“ – konnte man 2006 anlässlich der Fußballweltmeisterschaft der Männer lesen. Es schien als wäre ein kollektiver Ruck durch Deutschland gegangen – unverkrampft und fröhlich, so die Selbstdarstellung der Feiernden, wollte man mit der Mannschaft und seiner Nation mitfiebern. In den Medien wurde schnell das Wort „Partypatriotismus“ kreiert, um dieses neue deutsche „Wir-Gefühl“ zu beschreiben. Beim jour fixe soll diskutiert werden, in welchem Verhältnis dieser „Partypatriotismus“ zu dem gesellschaftlich verpönten Nationalismus steht. Außerdem werden die Entstehungsgründe von Nationalismus auf einer individuellen und einer gesellschaftlichen Ebene und die Funktion von Nationalismus in einer bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft Themen des Vortrags sein.

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Jour Fixe im Juni

Mi, 09.06.2010, 18 Uhr c.t. Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210

Julia König (Frankfurt):
Triebnatur revisited. Eine Diskussion aus historisch materialistischer und aus queerfeministischer Perspektive

Die Begriffe des Triebes wie der Natur sind nicht erst in den letzten Jahrzehnten Gegenstand erbitterter sowie anhaltender Debatten in Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften. In der psychoanalytischen Theorie Sigmund Freuds markiert die Triebnatur ein Kernelement zum Verständnis menschlicher Subjektivität, welches in der Folge psychoanalytischer Theorieentwicklung und -interpretation oft revidiert, verteidigt, verworfen und wieder eingeklagt wurde. Die queerfeministische Kritik erkennt in der Triebtheorie eine Tendenz zur Naturalisierung von Sozialität; so analysiert Judith Butler die Rede von der „Natur“ als diskursiven Platzhalter, als Ort, an dem gesellschaftliche Machtverhältnisse ausgehandelt und durch Essentialisierungen nicht nur legitimiert, sondern auch (re)produziert werden. In der historisch-materialistischen Perspektive Alfred Lorenzers wird im triebtheoretischen Rekurs auf die Natur jedoch ein Moment von Leiblichkeit herausgestellt, dessen Dynamik nicht allein auf Gesellschaftlichkeit zurückführbar ist: Ein materialistisches Moment der Dialektik von Sozialität und Natur.
Inwiefern die sehr unterschiedlichen theoretischen Perspektiven auf die Triebnatur etwas miteinander zu tun haben oder an einigen Stellen gar vermittelbar sein könnten, wird im Vortrag ebenso diskutiert werden wie die Grenzen eines solchen Theorie-Projekts.

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Die Psychoanalyse in talmudischen Textlandschaften

Ein Symposion über jüdische Signaturen psychoanalytischen Denkens

Samstag, 10. Juli 2010, International Psychoanalytic University Berlin (IPU)

Die IPU öffnet ihre Türen und lädt ein zu einer Spurensuche nach der Eigenheit psychoanalytischen Denkens. Die Besonderheit der psychoanalytischen Denkbewegung an die talmudische Texttradition heranzutragen und ein gemeinsames Nachdenken über offene und verborgene Verknüpfungen, Verschiebungen, Verdichtungen und Verwandtschaften anzustiften, ist das Anliegen des Symposions.

Flyer/Programm

Jour Fixe im Mai

Mi, 12.05.2010, 18 Uhr c.t. Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210

Rolf Pohl:
Gibt es eine Krise der Männlichkeit? Über Antifeminismus und Weiblichkeitsabwehr in der neuen deutschen „Männerbewegung“

Es gibt keine zeitbedingte Krise der Männlichkeit, denn in männlich dominierten Kulturen und Gesellschaften ist Männlichkeit grundsätzlich ein fragiles und krisenhaftes Konstrukt. Die inflationär und mit misogynen Schuldzuweisungen geführte Diskurse über die „Krise der Männer“, die „benachteiligten Jungen“ und die „entsorgten Väter“ sind eine rückwärtsgewandte Reaktion auf die marktradikale Verschärfung des gesellschaftlichen Krisengeländes mit hohen projektiven Anteilen. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Überlagerung gesellschaftlicher Ungleichheitslagen schrumpft bei vielen diskursbestimmenden Ansätzen auf das manichäistische Weltbild eines die Männer beherrschenden und diffamierenden „Feminats“ zusammen. Vor diesem Hintergrund können die in-zwischen in eine selbsternannte „Männerbewegung“ eingemündeten Klagen über die Krise der Männlichkeit als Backlash, als antifeminine und antifeministische Gegenbewegung im Rahmen einer allgemeinen Re-Maskulinisierung der Gesellschaft interpretiert werden. Der Vortrag wird diese Entwicklung kritisch nachzeichnen und mit einem eigenen Ansatz zur Konstitution der dilemmatischen Grundstruktur von Männlichkeit in männlich hegemonialen Gesellschaften konfrontieren.

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