Jour fixe im März

13. März 2013, 18:00 Uhr Im Moore 21, Raum A210 Torsten Passie (Hannover/Boston): Traum, Trance und Ekstase Ihr Verschwinden in der Kulturgeschichte des Abendlandes Rauschhafte und ekstatische Erfahrungen gehören zum gemeinsamen Erfahrungsschatz der Menschheit. Im Verlauf der Menschheitsgeschichte kam es zu einer sehr unterschiedlichen Bewertung und Würdigung dieser Erfahrungen. In der Vorzeit standen diese Erfahrungen bzw. Zustände im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens und es wurde ihnen großer Respekt und eine die Lebenswirklichkeit gestaltende Macht zuteil. Im Fortgang der Zivilisationsgeschichte kam es zu einer zunehmenden Objektivierung der Natur und eigener Befindlichkeiten. Dieser Prozess führte zu einer Ausgrenzung dieser eminent subjektiven Erfahrungen bzw. ihrer Abdrängung in die Sphäre des Privaten. Ehemals bestehende rituelle Zugangsmöglichkeiten in den Bereich dieser Erfahrungen wurden vermindert bzw. gänzlich ausradiert. Dabei spielten kirchliche und gesellschaftliche Ansprüche auf die Definition und Wertung solcher Erfahrungen, aber auch die Disziplinierung von Körper und Emotionen eine wesentliche Rolle. Der Vortrag skizziert die geistes- und kulturgeschichtlichen Zusammen-hänge, um Kontexte ekstatischer Erfahrungen zu verklaren und aufzuzeigen, wie ein immer stärkerer „Ekstaseentzug“ geschichtlich zustandekam. Prof. Dr. med. Torsten Passie studierte Philosophie, Soziologie (M.A.) und Medizin. Er ist derzeit Gastprofessor für Psychiatrie an der Harvard Medical School in Boston, USA. Plakat zum Jour fixe

Jour fixe im Februar

13. Februar 2013,18:00 Uhr Im Moore 21, Raum A210 Sandra Fernau (Hannover): Narrative männlicher Opfererfahrungen Fallstudien zur Verarbeitung des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Kontext Das Phänomen des sexuellen Kindesmissbrauchs in katholischen Einrichtungen und Gemeinden erhielt mit dem Bekanntwerden zahlreicher Vorfälle in den vergangenen Jahren große Aufmerksamkeit. Die im Vortrag vorgestellte qualitative Interviewstudie mit hiervon Betroffenen greift diese Thematik auf. Im Mittelpunkt steht die Rekonstruktion von Deutungsmustern und Verarbeitungsversuchen der traumatischen Erfahrungen anhand von drei biographischen Fallstudien. Die zwischen einer Bagatellisierung, Skandalisierung und Sakralisierung des Missbrauchsgeschehens variierenden Interpretationsschemata der männlichen Betroffenen werden im Rückgriff auf sozialisationstheoretische und psychoanalytische Annahmen analysiert. Sandra Fernau (Hannover), Diplom-Soziologin, arbeitet am Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) als Promotionsstipendiatin in einem Forschungsprojekt zum sexuellen Missbrauch durch katholische Geistliche. Plakat zum Jour fixe

Jour fixe im Januar

16. Januar 2013, 18h Im Moore 21, Raum 210 Heinz-Jürgen Voß (Hannover & Frankfurt): Der deutsche Diskurs um die Vorhautbeschneidung Der Präsident der Bundesärztekammer Montgomery beurteilte das Urteil des Kölner Landgerichts als „für die Ärzte unbefriedigend und für die betroffenen Kinder sogar gefährlich“. Die Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie warnte vor den Auswirkungen, die mit der „Missachtung [von] kulturellen und religiösen Identität[en]“ verbunden sein könnten, und regte zu einer toleranten gesellschaftlichen Aushandlung an. Heinz-Jürgen Voß stellt das Buch „Interventionen gegen die deutsche ‚Beschneidungsdebatte‘“ vor, erläutert den medizinischen Forschungsstand und betrachtet den deutschen Diskurs, der rassistisch geprägt war. Horkheimer/Adorno: „Das Wunder der Integration aber, der permanente Gnadenakt des Verfügenden, den Widerstandslosen aufzunehmen, der seine Renitenz hinunterwürgt, meint den Faschismus.“ Dr. Heinz-Jürgen Voß forscht und lehrt zu biologie- und medizinethischen Themen. Zuletzt veröffentlicht: Geschlecht (2011); Intersexualität – Intersex (2012); Interventionen gegen die deutsche „Beschneidungsdebatte“ (2012, gem. mit Salih Alexander Wolter und Zülfukar Çetin).

Jour Fixe im Januar

Mi,18.01.2012, 18 Uhr c.t. Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210 Wie weiter nach dem BA? Master-Studiengänge mit kritisch-sozialwissenschaftlicher Ausrichtung Mit Anna Gies (Soziologie, FfM), Jan Harig (Gender Studies, HU Berlin), Insa Kleimann (Gender Studies, Göttingen), Till Machnik (Politische Theorie, FfM; angefragt) und Marc Schwietring (Psychologie, IPU Berlin) Kritisch ausgerichtete und insbesondere subjektorientierte Theorien und Ansätze haben es gegenwärtig schwer an den deutschen Hochschulen. Die Abwicklung der hannoverschen Sozialpsychologie und der Gender Studies ist dafür nur ein Beispiel. Während es vor der Umstellung auf die BA/MA-Struktur möglich war, ein sozialwissenschaftliches, „kritisches“ und teilweise interdisziplinäres „Komplettstudium“ in Hannover zu absolvieren, müssen nun die meisten BA-SoWi-Studierenden in anderen Städten nach Anschlussmöglichkeiten für ihre Studieninhalte suchen. Da es nicht leicht ist, sich in der Vielfalt der bundesweiten, aber auch internationalen Master-Angebote zu orientieren, wollen wir in diesem Jour fixe einige MA-Studiengänge aus dem deutschsprachigen Raum vorstellen, aber auch sonstige Perspektiven diskutieren. Einige „Ex-HannoveranerInnen“ werden dabei aus eigener Erfahrung berichten und für Fragen zur Verfügung stehen. Dabei geht es zum einen um eine Vorstellung von Studiengängen, ihren Besonderheiten, Inhalten und Strukturen und zugleich um die Frage, wo in welchem Maße bzw. ob überhaupt an einem Ort an kritische Studienschwerpunkte der hannoverschen Sozialwissenschaften, speziell der Sozialpsychologie angeschlossen werden kann. Der Jour Fixe soll BA-Studierenden Perspektiven vermitteln für eine Fortfüh-rung der bisher bewusst eingeschlagenen Studienwege. Darüber hinaus soll er dazu dienen, das wissenschaftliche „Feld“ danach zu überprüfen, wie es überhaupt um die Möglichkeit eines kritischen sozialwissenschaftlichen Studiums gestellt ist und welche „kleinen Inseln“ es gibt, auf denen gegenwärtig als überholt abgetane Theoriestränge (wieder) aufgenommen, reflektiert, weiterentwickelt werden. Plakat zum Jour fixe

Buchvorstellung in Bremen

Mittwoch, 11. Januar 2012, 20 Uhr Infoladen / St. Pauli-Str. 10-12 / 28203 Bremen Volksgemeinschaft, Täterschaft, Antisemitismus. Beiträge zur psychoanalytischen Sozialpsychologie des Nationalsozialismus und seiner Nachwirkungen Buchvorstellung und Diskussion mit Isabelle Hannemann, Prof. Rolf Pohl und Sebastian Winter Was machte die Idee der Volksgemeinschaft und den Antisemitismus für die Menschen im Nationalsozialismus so attraktiv? Wie wurden sie zu Tätern und Täterinnen? Wie wirken sich NS-Gefühlserbschaften noch in den nachfolgenden Generationen aus? Der Nationalsozialismus und seine gesellschaftlichen Nachwirkungen sind ohne eine sozialpsychologische Perspektive nicht zu verstehen. Dies erfordert die Berücksichtigung der subjektiven Dimension der Nachkriegsgesellschaft sowie der Brüche und Kontinuitäten nach 1945. Der Band versammelt Aufsätze, die sich aus einer psychoanalytisch-sozialpsychologischen und geschlechtertheoretischen Perspektive sowohl mit den psychodynamischen Mechanismen der nationalsozialistischen Weltanschauung und Gewalt als auch mit den Versuchen ihrer psychischen Verarbeitung in der Nachkriegszeit auseinandersetzen. Eine Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Initiative – Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Bremen.