Jour fixe im März
27.02.201313. März 2013, 18:00 Uhr
Im Moore 21, Raum A210
Torsten Passie (Hannover/Boston):
Traum, Trance und Ekstase
Ihr Verschwinden in der Kulturgeschichte des Abendlandes
Rauschhafte und ekstatische Erfahrungen gehören zum gemeinsamen Erfahrungsschatz der Menschheit. Im Verlauf der Menschheitsgeschichte kam es zu einer sehr unterschiedlichen Bewertung und Würdigung dieser Erfahrungen. In der Vorzeit standen diese Erfahrungen bzw. Zustände im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens und es wurde ihnen großer Respekt und eine die Lebenswirklichkeit gestaltende Macht zuteil. Im Fortgang der Zivilisationsgeschichte kam es zu einer zunehmenden Objektivierung der Natur und eigener Befindlichkeiten. Dieser Prozess führte zu einer Ausgrenzung dieser eminent subjektiven Erfahrungen bzw. ihrer Abdrängung in die Sphäre des Privaten. Ehemals bestehende rituelle Zugangsmöglichkeiten in den Bereich dieser Erfahrungen wurden vermindert bzw. gänzlich ausradiert. Dabei spielten kirchliche und gesellschaftliche Ansprüche auf die Definition und Wertung solcher Erfahrungen, aber auch die Disziplinierung von Körper und Emotionen eine wesentliche Rolle.
Der Vortrag skizziert die geistes- und kulturgeschichtlichen Zusammen-hänge, um Kontexte ekstatischer Erfahrungen zu verklaren und aufzuzeigen, wie ein immer stärkerer „Ekstaseentzug“ geschichtlich zustandekam.
Prof. Dr. med. Torsten Passie studierte Philosophie, Soziologie (M.A.) und Medizin. Er ist derzeit Gastprofessor für Psychiatrie an der Harvard Medical School in Boston, USA.