Archiv Aktuelles 2011

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Jour fixe im Dezember

Mi,09.11.2011, 18 Uhr c.t. Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210 Filmvorführung mit Diskussion: Oi! Warning Regie: Benjamin und Dominik Reding, D 2000 Janosch ist grad 17 geworden, von der Schule geflogen und haut von zuhause ab zu einem Bekannten im Ruhrpott, Koma. Dieser ist Skinhead, unpolitisch, wie er sagt, Janosch ist tief beeindruckt von dem kräftigen und rauhen Kerl. Auch Janosch rasiert sich seine Haare und taucht immer tiefer in die Skin-Szene ein. Die Leute respektieren und fürchten ihn, eine Mitschülerin verliebt sich in ihn, sie kommen sich näher. Aber Koma ist eifersüchtig über das „Fremdgehen“ seines Zöglings. Aus Wut verprügelt er einen Punk, Janosch hilft mit und im Rausch der ersten ausgeteilten Prügel und des ersten sexuellen Kontaktes macht er sich auf den Weg zu einem Tätowierer, der ihm einen Skinhead auf die Brust stechen soll. Dort lernt er den fröhlichen Punk und Feuerschlucker Zottel kennen, der ihn auch sehr fasziniert. Als Komas Häuschen explodiert, explodiert auch Koma: der verprügelte Punk sei schuld, und er schwört, diesen „platt zu machen“. Janosch wird das alles unheimlich, er distanziert sich immer mehr, besucht Zottel, freundet sich mit ihm an und zieht zu ihm auf den Bauwagenplatz. Sie kommen sich näher. Das kann der Skinhead Koma wiederum nicht auf sich sitzen lassen… Der Film zeigt exemplarisch, wie xenophobe und gewaltaffine Lösungsversuche der männlichen Adoleszenzkrise in „die fatalen Sackgassen eines kollektiven Wahns“ führen können, „der sich in Hass und Zerstörung entlädt“ (Lexikon des Internationalen Films). So ist dies auch vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsextremismus-Diskussion ein sozialpsychologisch aufschlussreicher Film. Plakat zum Jour fixe ————————————————————————————————————————

Unheimliche Wiedergänger? Zur politischen Psychologie des NS-Erbes in der 68er Generation

Vortrag von Dr. Jan Lohl am 8. November Häufig wird als Leistung der ›68er‹ hervorgehoben, dass sie die Generation ihrer Eltern und die (west-)deutsche Nachkriegskultur aufgrund deren Verstrickung in den Nationalsozialis-mus angeklagt und damit eine Demokratisierung sowie eine Aufarbeitung der Vergangenheit gefördert haben. Ganz im Gegenteil zu dieser Annahme wurden die ›68er‹ in den 60er Jah-ren von den Massenmedien, an den Stamm- und Familientischen mit den Nazis verglichen. Der These, dass die ›68er‹ unheimliche Wiedergänger der Nationalsozialisten waren, hat der Historiker Götz Aly 2008 neue Kraft verliehen: Antisemitismus, Gewaltbereitschaft, Aktionis-mus und eine Behinderung der Vergangenheitsaufarbeitung seien schwere Fehler der ›68er‹ gewesen. Diese Fehler sind nach Aly ganz einfach damit zu erklären, dass die ›68er‹ eben die Kinder der Nationalsozialisten waren. Der Vortrag von Jan Lohl differenziert diese These kritisch und fragt nach den intergeneratio-nellen Beziehungen zwischen der ›68er‹-Generation und ihren Eltern aus einem historischen und sozialpsychologischen Blickwinkel: Welches unheimlich Vertraute stellen die ›68er‹ ei-gentlich für ihre Eltern dar? Was haben diese Eltern an ihren rebellischen Kindern unbewusst wahrgenommen? Was hat diese Wahrnehmung mit den Kindern gemacht? Und: Haben die Kinder diese elterlichen Wahrnehmung ihrer Person verinnerlicht und in ihrem politischen Handeln ausgedrückt – falls ja, wie? Ort: VHS Hannover, Theodor-Lessing-Platz 1 Zeit: 8.11., 18:30 – 20:30 ————————————————————————————————————————

Jour fixe im November

Mi,09.11.2011, 18 Uhr c.t. Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210 Anke Prochnau (Frankfurt a.M.): Ebenso notwendig wie schwierig: Thematisierung von Männlichkeit Mit den soziologischen Konzepten der hegemonialen Männlichkeit (Connell) und der männlichen Herrschaft (Bourdieu) ist zunehmend die soziale Konstruktion von ‚Männlichkeit‘ Gegenstand der Geschlechterforschung geworden. Das in vielen gesellschaftlichen Bereichen (noch) vorherrschende Leitbild von ‚Männlichkeit‘ ist an die eindeutige Herstellung von heteronormativer und hierarchisierter Zweigeschlechtlichkeit sowie an dichotome und stereotype Geschlechterrollen gebunden. Mittlerweile gibt es eine sich etablierende kritische Männer- und Männlichkeitsforschung, die Beharrungstendenzen von ‚Männlichkeit(en)‘, aber auch deren Veränderungsbedingungen in den Blick nehmen und ein differenzierte(re)s Bild der Geschlechterverhältnisse verhandelt. Anhand von Beispielen aus der politischen Bildung wird der Vortrag erläutern, wie die Konstruktion von ‚Männlichkeit(en)‘ und die Schwierigkeit, diese zu thematisieren zusammen hängen. Dabei soll der Anspruch an kritische, subjektorientierte politische Bildung deutlich werden, welcher nicht die Erweiterung der Thematisierung von struktureller geschlechtsspezifischer Benachteiligung um die Perspektive struktureller geschlechtsspezifischer Privilegierung sein kann. Um die geschlechterübergreifende Konstruktion und Einsozialisierung einer vergeschlechtlichten Machtordnung sowie die darin enthaltenen Brüche, Diskontinuitäten und Kontingenzen von Geschlechtsidentität für die Themen der politischen Bildung in den Blick bekommen zu können, müssen integrative, geschlechterreflektierende Konzepte und identitätskritische (nicht-identitäre) Ansätze berücksichtigen werden. Damit kann die Rekonstruktion kollektiver Deutungsmuster, gesellschaftspolitischer Diskurse und Normen ermöglicht werden, die sich in den Subjekttheorien und damit auch in sozialer wie politischer Praxis niederschlagen. Daran sind auch sozialpsychologische Konzepte von Geschlecht(sidentität) und ‚Männlichkeit‘ zu messen. Plakat zum Jour fixe ———————————————————————————————————————–

Tagung „Politische Psychologie – feministische Kritik“

15.10.11, 12-18 Uhr, Uni-Hauptgebäude, Welfengarten 1, Raum F342 In den meisten klassischen Ansätzen der Politischen Psychologie bleibt „Geschlecht“ sowohl als gesellschaftliche Strukturkategorie unreflektiert als auch in seiner zentralen Bedeutung für die Subjektentwicklung ausgeblendet. Gleichzeitig werden oftmals implizit Gender-Vorstellungen vertreten, die als Tradierung von Geschlechterklischees zu problematisieren sind. Zudem drängt sich der Eindruck auf, die Politische Psychologie sei eine Männerdomäne, in der Beiträge von Frauen marginalisiert oder ignoriert werden. Eine grundsätzliche kritische Auseinandersetzung mit den Geschlechterentwürfen in der Politischen Psychologie ist daher dringend notwendig. Parallel zur Entwicklung der Politischen Psychologie ab den 1970er Jahren hat sich im Kontext der feministischen Bewegung eine kritische Geschlechter(verhältnis)forschung entwickelt, die auch psychoanalytische und/oder sozialpsychologische Perspektive eingenommen hat. Diese setzt sich nicht nur kritisch mit bestehenden psychoanalytischen Konzepten der Konstitution von Geschlechtsidentität auseinander und entwickelt diese weiter, sondern thematisiert Geschlechterverhältnisse systematisch als zentralen Aspekt gesellschaftlicher Verhältnisse. Diese Linie gilt es für eine Weiterentwicklung der Politischen Psychologie aufzugreifen, soll diese nicht hinter dem Diskussionsstand der Geschlechterforschung zurückbleiben und damit einer defizitären Perspektive auf Gesellschaft aufsitzen. Eine feministische Kritik der Politischen Psychologie verweist damit weiterführend auf die Möglichkeit und die Notwendigkeit, unterschiedlich gelagerte Ungleichheits- und Gewaltverhältnisse politisch-psychologisch genauer zu analysieren. Unsere kleine Tagung soll diese Problematik reflektieren. In drei Vorträgen und den anschließenden Diskussionen soll den impliziten Vorstellungen und Ausblendungen von Geschlecht in politisch-psychologischen Ansätzen, aber auch möglichen Anschlussstellen innerhalb der Politischen Psychologie für aktuelle feministische Debatten nachgegangen werden. Programm: 12.00 Uhr: Einführung/Begrüßung 12.15-13.45 Uhr: Julia König: Abstraktion und Blindheit. Geschlechtstheoretische Implikationen in Alfred Lorenzers Sozialisationstheorie que(e)r gelesen – Diskussion – 13.45-15.15 Uhr: Regina Becker-Schmidt: Politisch-psychologische Gedanken zu asymmetrischen Tauschverhältnissen aus feministischer Sicht – Diskussion – 15.30-17.00 Uhr: Sebastian Winter:  „Ich liebe deutsche Land“. Eine Interpretation von „Lena“ als Nationalsymbol des „Partypatriotismus“ aus politisch-psychologischer und geschlechterkritischer Perspektive – Diskussion – 17.00-18.00 Uhr: Abschlussdiskussion Eintritt frei Plakat zur Tagung ————————————————————————————————————————

Jour Fixe im September

Mi,14.09.2011, 18 Uhr c.t. Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210 Maria Tsenekidou (Hannover): Geschichte und Lagebewusstsein „Und wenn einige ältere Perspektiven untergegangen sind, müssen wir aufs Neue versuchen, zu begreifen und zu verändern; für beides scheinen mir unsere Geschichte und unser Bewusstsein das Arbeitsfeld. […] Was wir suchen, sind Einsichten über einen möglichen Zusammenhang individueller Geschichte, der Geschichte der eigenen Gesellschaft und der immanenten Problemgeschichte der Wissenschaft, die man lehrt und studiert – die Genesis der Probleme mit einbeziehend, an denen sie sich abmüht.“ (Peter Brückner) Im Vortrag werden zentrale lebens- und gesellschaftsgeschichtliche Zusammenhänge des politischen Wissenschaftsverständnisses Peter Brückners beleuchtet. Der kritische und emanzipatorische Gehalt, sowie Problematiken dieses Ansatzes des Begründers der hannoverschen Politischen Psychologie werden hinsichtlich gegenwärtiger Anknüpfungsmöglichkeiten und -Schranken zur Diskussion gestellt. Aufgeworfen wird auch die Frage nach der historischen Genesis der existenziellen Probleme, an denen sich Politische Psychologie in der Gegenwart abmüht, ebenso die Frage nach dem Verbleib des politisch-psychologischen Grundmotivs der (Selbst)Aufklärung und (Selbst)Befreiung. Inwiefern könnte Lagebewusstsein zum Umgang mit untergegangenen und zur Eröffnung neuer Perspektiven unter veränderten Bedingungen verhelfen? Welche Herausforderungen könnten damit verbunden sein? Und was überhaupt könnte Lagebewusstsein heißen? Plakat zum Jour fixe ————————————————————————————————————————

Jour fixe im Juli

Mi,13.07.2011, 18 Uhr c.t. Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210 Eva-Maria Ziege (Cambridge/Berlin): Adorno und The Authoritarian Personality Mit zwei Publikationen − Dialektik der Aufklärung (1944/47) und The Authoritarian Personality (1950) − wurde das Institut für Sozialforschung als Frankfurter Schule weltberühmt. Trotz vieler Unterschiede innerhalb seines inneren Kreises war diesem die Orientierung an der Kritik der politischen Ökonomie von Marx gemeinsam; hier kann man von einer verschwiegenen Orthodoxie sprechen. „Kritische Theorie“ wurde zu einem den Marxismus verdeckenden Euphemismus für Gesellschaftswissenschaft, die die Gesellschaft verändern will. Alle Angehörigen dieses Arbeitszusammenhangs waren zudem mehr oder weniger von Freuds Psychoanalyse beeinflusst, mit der sie den Begriff des Unbewußten in die Analyse von Individuum und Gesellschaft einführten und mit dem Begriff der Libido die Sexualität als Motor dynamischer Prozesse von der Individualpsychologie in die Gesellschaftsanalyse transferierten. Den sogenannten „Sozial“- oder „Gesellschaftscharakter“ des Individuums begriff man als Ausdruck seiner Klassenlage, die jeweilige Ausbildung der Libido als Kitt der Gesellschaft, die die gesellschaftlichen Antagonismen überbrückte. Dieser Konsens und die institutionellen Kontinuitäten mit Max Horkheimer als dem Direktor und Theodor W. Adorno als prominentem Exponenten des Instituts nach der Remigration 1950 verstellt den Blick auf Diskontinuitäten im Kreis der Mitarbeiter von den späten 20er bis in die 60er Jahre. Diese Diskontinuitäten aber sind ein Schlüssel zu komplexen Veränderungen in der auf Freud beruhenden Gesellschaftsanalyse; am wichtigsten hierfür war die Ablösung von Erich Fromm durch Adorno Ende der 30er Jahre. Der Vortrag beschäftigt sich mit der Frage, welche Konsequenzen dies für den gesellschaftstheoretischen Kern der Kritischen Theorie und die Antisemitismustheorie des Instituts hatte. Plakat zum Jour fixe ————————————————————————————————————————

Jour fixe im Juni

Mi,08.06.2011, 18 Uhr c.t. Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210 Daniela Celleri: Indigene Jugendliche. Ethnizität, Klasse und Geschlecht am Beispiel der Kichwa-Otavalos im Hochland Ecuadors In den letzten Jahren wird zunehmend auf die Verschränkung von Differenzkategorien wie Alter, Ethnizität, Klasse und Geschlecht bei der Analyse von sozialen Ungleichheiten hingewiesen. Für die sozialen Verhältnisse  in einem Land wie Ecuador ist diese Diskussion besonders relevant: Ecuador verzeichnet einen der höchsten indigenen Bevölkerungsanteile der Staaten Latein-amerikas und eine hohe Anzahl an sehr jungen Menschen. Durch zunehmende Urbanisierungsprozesse veränderte sich in den letzten fünfzig Jahren die Sozialstruktur der untersuchten Region „Otavalos“ tiefgehend: Ethnisierungsprozesse weiten sich aus und verleihen sozialen Status an ökonomisch etablierte indigene Familien. In diesem Kontext verändern sich auch die Konflikte um das Geschlechter- und Generationenverhältnis. Anhand entsprechenden Bildmaterials aus einer 5-monatigen ethnologischen Feldforschung sollen die Widersprüche und Wechselseitigkeiten dieser Ungleichheitskategorien diskutiert werden. Plakat zum Jour fixe ———————————————————————————————————————–

Buchvorstellung „Gefühlserbschaft und Rechtsextremismus“ am 3. Juni in Berlin

Jan Lohl stellt am Freitag den 3.6. um 18:00 Uhr auf den Linken Buchtagen in Berlin (im Mehringhof Kreuzberg; Gneisenaustr. 2a) sein Buch „Gefühlserbschaft und Rechtsextremismus. Eine sozialpsychologische Studie zur Generationengeschichte des Rechtsextremismus“ vor. www.linkebuchtage.de ————————————————————————————————————————

Jour fixe im Mai

Mi,11.05.2011, 18 Uhr c.t. Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210 Hans-Jürgen Wirth: Von Hiroshima über Tschernobyl bis Fukushima Was bedeutet die »kriegerische«, was die »friedliche« Nutzung der Atomkraft für unsere seelische Befindlichkeit? Der Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki bildet eine historische Zäsur, die sozialpsychologisch als kollektives Trauma der »Gattungs-Identität« (Lifton) verstanden werden kann. Die »friedliche Nutzung der Atomkraft« diente als »Integrationsideologie der fünfziger Jahre« (Radkau) und untermauerte die weltweite Verleugnung der atomaren Gefahr. Die Jugend- und Protestbewegungen der 60er und 70er Jahre formulierten erstmals eine Fundamentalkritik sowohl der friedlichen als auch der kriegerischen Nutzung der Atomkraft. Diese wachstumskritischen Initiativen waren in Westdeutschland besonders heftig, einflussreich und nachhaltig, weil hier die expansionskritischen Bewegungen zusätzliche Impulse aus der Konfrontation mit dem Nationalsozialismus und dem »Zivilisationsbruch« des Holocaust erhielten. Diese psychohistorischen Prozesse werden unter sozialpsychoana-lytischen Gesichtspunkten dargestellt und diskutiert. Plakat zum Jour fixe ———————————————————————————————————————–

Jour fixe im April

Mi,13.04.2011, 18 Uhr c.t. Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210 Oliver Decker: Zur Sozialpsychologie des Rechtsextremismus. Welche Gegenwart hat die Vergangenheit? In den bevölkerungsrepräsentativen Untersuchungen zur rechtsextremen Einstellung zeigt sich über die Jahre eine relativ geringe Zustimmung zur Verherrlichung des Nationalsozialismus. Es scheint, als würde der Nationalsozialismus gegenüber anderen Themen der Rechten in der Bevölkerung keine große Rolle mehr spielen. Erst bei genauerem Hinsehen zeigt sich die Gegenwart der Vergangenheit. In diesem Vortrag werden die Ergebnisse einer Gruppendiskussionsstudie vorgestellt, welche auf die Bedeutung des Angriffs- und Vernichtungskriegs für nicht-jüdische Deutsche über die Generationen hinweg hinweisen. Die „Unfähigkeit zu trauern“ (Alexander Mitscherlich / Margarete Mitscherlich) hat über die Generationen hinweg ihre Spuren hinterlassen. Plakat zum Jour fixe ————————————————————————————————————————

„Volksgemeinschaft, Täterschaft und Antisemitismus“

Eben erschienen: Markus Brunner, Jan Lohl, Rolf Pohl, Sebastian Winter (Hg.): Volksgemeinschaft, Täterschaft und Antisemitismus. Beiträge zur psychoanalytischen Sozialpsychologie des Nationalsozialismus und seiner Nachwirkungen Was machte die Idee der Volksgemeinschaft und den Antisemitismus für die Menschen im Nationalsozialismus so attraktiv? Wie wurden sie zu Tätern und Täterinnen? Wie wirken sich NS-Gefühlserbschaften noch in den nachfolgenden Generationen aus? Der Nationalsozialismus und seine gesellschaftlichen Nachwirkungen sind ohne eine sozialpsychologische Perspektive nicht zu verstehen. Dies erfordert die Berücksichtigung der subjektiven Dimension der Nachkriegsgesellschaft sowie der Brüche und Kontinuitäten nach 1945. Der Band versammelt Aufsätze, die sich aus einer psychoanalytisch-sozialpsychologischen und geschlechtertheoretischen Perspektive sowohl mit den psychodynamischen Mechanismen der nationalsozialistischen Weltanschauung und Gewalt als auch mit den Versuchen ihrer psychischen Verarbeitung in der Nachkriegszeit auseinandersetzen. Mit Beiträgen von Markus Brunner, Isabelle Hannemann, Sascha Howind, Jan Lohl, Rolf Pohl, Wolfram Stender und Sebastian Winter http://web.psychosozial-verlag.de/psychosozial/details.php?p_id=2055 ————————————————————————————————————————

„Im Gleichschritt zur Diktatur“

»HARZBURGER FRONT« VON 1931 und »RECHTSEXTREMISMUS HEUTE« Doppelausstellung und Vortragsreihe vom 7. – 25. März Volkshochschule Hannover Theodor-Lessing-Platz 1 Unter dem Begriff »Harzburger Front« ging 1931 das angestrebte Bündnis deutschnationaler Kräfte mit den Nationalsozialisten zur Zerschlagung der Demokratie in die Geschichte ein. Die Ausstellung erläutert, warum die »nationale Front« gerade Bad Harzburg für ihr Treffen wählte, welche Begeisterung das Bürgertum vor Ort zeigte, wie und warum die »Harzburger Front« den Siegeszug des Nationalsozialismus beförderte. Die ergänzende Ausstellung zum Rechtsextremismus heute gibt einen Einblick in die Propagandastrategien der Rechten und in ihr Weltbild. Die Ungleichwertigkeit der Menschen, Vorrechte für Deutsche, Gewaltakzeptanz und die Instrumentalisierung sozialer Themen prägen das Auftreten und ihre Agitation. Durch die Verbindung der beiden Ausstellungen sowie durch die Vortragsreihe können Kontinuitäten rechtsextremen Denkens verdeutlich werden. Hier gehts zum Flyer mit näheren und weiteren Infos zur Veranstaltung. ————————————————————————————————————————

Jour fixe im Februar

Mi,09.02.2011, 18 Uhr c.t. Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210 Symbol und Nationalisierung der Gesellschaft. Die Erfindung der Türkei Vortrag von und Diskussion mit Mihri Özdogan Nach dem Ersten Weltkrieg verfolgte die kemalistische Elite in der neu gegründeten Republik Türkei mit ihrer systematischen und zum Teil auch gewaltsam betriebenen Kulturpolitik das Ziel eine Nation aufzubauen. Diesen Prozess wird Mihri Oezdogan in seinem Vortrag sozialpsychologisch analysieren. Hierbei stellt sich die Frage, was eine Nation ist: Die nationale Imagination lässt sich nicht auf ihren lediglich kognitiven Gehalt reduzieren. Sie ist also nicht nur als ein über das Medium der Sprache aufgebautes ideologisches Konstrukt aufzufassen, sondern wird vor allem mittels kultureller Symbole präsentativer Art konstituiert. Alfred Lorenzers symboltheoretisches Modell zur Entstehung kollektiver Identitäten, das sich an den Erkenntnissen der Psychoanalyse orientiert, hilft zu erklären, warum die nationale Imagination als ein bildhaftes, traumähnliches Konstrukt zu begreifen ist und wie die Einzelnen mittels kultureller Symbole emotional an die Nation gebunden werden. Die darauf aufbauende sozialpsychologische Analyse der kemalistischen Kulturpolitik soll am Beispiel der Türkei zeigen, wie dort eine über symbolische Praktiken erfolgende Nationalisierung der Gesellschaft vorangetrieben wurde. Plakat zum Jour fixe ————————————————————————————————————————

Jour Fixe im Januar

Mi, 12.1.2010, 18 Uhr Im Moore 21, Vorderhaus, Raum A210 Filmvorführung: Fight Club Regie: David Fincher, USA 1999 Der Film schildert den „Ausbruch“ des Protagonisten aus der von ihm als „verweiblichend“ und entfremdend wahrgenommenen Konsumwelt durch die Gründung von männerbündischen „Fight Clubs“: „Nirgendwo fühlt man sich so lebendig wie hier.“ Besteht der Zweck dieser Clubs anfänglich in ritualisierten, blutigen Schlägereien unter den Mitgliedern, so wandelt sich dies im Laufe des Films: Die „Fight Clubs“ entwickeln sich zu einer paramilitärischen Organisation, die versucht u.a. durch Bombenanschläge auf Banken die gesellschaftliche Ordnung zu erschüttern. Im Mittelpunkt von „Fight Club“ steht die „Krise der Männlichkeit“ und Gewalt als ein Versuch, diese Männlichkeit zu restituieren. Der Film ist sehr kontrovers diskutiert worden. Slavoj Zizek etwa sieht in der dargestellten Gewalt ein revolutionäres Potential: „Although this strategy is risky and ambiguous (it can easily regress into a proto-fascist macho logic of violent male bonding), this risk has to be taken – there is no other direct way out of the closure of capitalist subjectivity”. Aber auch die neurechte „Junge Freiheit” hat „Fight Club” positiv besprochen. In dem Jour Fixe wird der Film gezeigt und anschließend diskutiert. Plakat zum Jour Fixe ————————————————————————————————————————

Archiv Aktuelles 2010

Archiv Aktuelles 2009