Jour Fixe im Oktober

Mi, 11. Oktober, 18:15 Uhr
Im Moore 21, Raum A210

Hannes Keune (Göttingen):
„Und wir müssen das jetzt wieder wegbringen, das schlechte Image, was die hier rein gerufen haben“
Zum (politischen) Bewusstsein in Freital und Heidenau

In Freital und Heidenau kam es 2015 zu teils wochenlangen fremdenfeindlichen Protesten gegen Geflüchtete, die Produkt eines Zustandes sind, in der sich „normale“ Menschen „Sorgen“ machen dürfen über „Werte, Leitkultur, Patriotismus, Heimat“ (so etwa der Generalsekretär der sächsischen CDU, Michael Kretschmer). Im Rahmen des Vortrags sollen die Ergebnisse von in beiden Städten durchgeführten Gruppendiskussionen skizziert werden. So kann für die Gruppen eine starke Tendenz festgestellt werden, fremdenfeindliche Vorfälle zu rationalisieren und Vorwürfe, es gäbe vor Ort ein strukturelles Problem mit Rassismus, affektiv abzuwehren. Gesellschaftliche Konflikte überhaupt stellen sich als Quelle von Unlust dar; Aufgabe der Politik habe es „eigentlich“ zu sein, diese Konflikte im Sinne der Gemeinschaft „konsumierender“ StaatsbürgerInnen stillzustellen.
Unter Einbezug der Ergebnisse der Gruppendiskussionen soll versucht werden, die politischen Dynamiken vor Ort nachzuzeichnen. Dabei soll auch das Verhältnis von politischen Führung und „normaler“ Bevölkerung, in den Blick genommen wer-den. Nicht zuletzt in der Verteidigung von „Leitkultur, Heimat und Identität“ finden beide zueinander.

Hannes Keune studiert in Göttingen und schreibt derzeit an seiner Masterarbeit.

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Sex & Crime

Sozialpsychologisches Symposium zur Verflechtung von Gewalt, Volk und Sexualität

Am 04. Februar 2017 legt Prof. Dr. Rolf Pohl seine reguläre Tätigkeit am Institut für Soziologie und Sozialpsychologie an der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover nieder.
Um seine Person und sein Schaffen zu würdigen, laden wir Sie zu dieser besonderen Veranstaltung ein. Unter dem Titel »Sex & Crime – Ein sozialpsychologisches Symposium zur Verflechtung von Gewalt, Volk und Sexualität« widmen wir uns den Forschungsschwerpunkten Rolf Pohls und freuen uns mit ihm und Ihnen seine Arbeit zu feiern und zu diskutieren.

04.02.2017, ab 10 Uhr, Kali-Chemie-Hörsaal, Callinstraße, Hannover

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Jour Fixe im Dezember

Mi., 14.12.2016, 18:15 Uhr
Im Moore 21, Raum A210

David Jäger:
Die Dialektik der Deprivation.

Entbehrung als zentrale Konstituente der Genese des Autoritären Charakter

Der Hass auf vermeintlich undankbare Flüchtlinge, deren Besitz von modernen Smartphones Empörung und Neid auslöst, kann als Ausdrucksform einer auf Deprivation gegründeten Subjektgenese interpretiert werden, die stark mit der bürgerlichen Kultur verknüpft ist. Seit Homers Odyssee über die Vertreibung aus dem Paradies (Genesis) bis heute sind ästhetische Einflusssphären bürgerlichen Denkens in kulturellen Zeugnissen, als eine „ahnungsvolle Allegorie der Dialektik der Aufklärung“ (Adorno/Horkheimer), auszumachen. Dabei kann der Begriff der Entsagung als ein Schlüsselbegriff zum Verständnis der westlichen Zivilisation und deren Umschlag in die Barbarei genutzt werden.
Vor diesem Hintergrund behandelt der Vortrag den Zusammenhang zwischen Entsagung, Entbehrung und autoritären Charakterdispositionen. Dabei soll vor allem der Frage nach der Bedeutung des Begriffs der Entsagung für eine kritische Theorie der westlichen Zivilisation, der Ausbildung des bürgerlichen Bewusstseins und des Autoritären Charakters nachgegangen werden.

David Jäger studierte Politikwissenschaft, Soziologie, Philosophie, Erziehungswissenschaften und Germanistik in Würzburg und Psychologie in Erlangen. Er ist Auszubildender zum KJP/PP-Psychotherapeut und promoviert zum Thema „Die Dialektik der Deprivation – Repräsentationen des Autoritarismus in der Literatur des Bürgertums im Lichte der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule“ an den Universitäten Groningen und Hannover.

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Jour Fixe im November

Do., 10.11.2016, 18:15
Im Moore 21, Raum A210

Marc Schwietring (Berlin):
Die AfD als Partei neuen Typs?
Rechtspopulistisch – „neurechts“ – rechtskonservativ?

Die Alternative für Deutschland (AfD) mischt die politische Kultur in Deutschland aktuell gehörig auf. Ist die AfD eine Partei gänzlich neuen Typs und neuer Positionen? Ist sie rechtspopulistisch, rechtsextrem, „neurechts“ oder gar, wie einige vermehrt meinen, einfach nur eine demokratische Alternative für (Rechts)Konservative, die sich in der „links gewordenen Bundesrepublik“ nicht mehr repräsentiert fühlen? Warum findet sie aktuell so breiten Anklang?

Marc Schwietring ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Georg August Universität Göttingen und Mitbegründer der AG PolPsy.

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Zweite Jahrestagung der Gesellschaft für psychoanalytische Sozialpsychologie

 

GENERATIVITÄT IN DER KRISE

5. und 6. Dezember 2014 in Frankfurt/Main

Die Begriffe Generation und Generativität sind zentral für die psychoanalytische Sozialpsychologie und ihre Perspektive auf das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft. In der Generationenabfolge in Familien wie auch in größeren gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen geht es neben der Tradierung von Wertvorstellungen und Normen auch um die Weitergabe von Macht und Verantwortung an die jüngere Generation sowie um deren Chance, das Übernommene zu ändern. Generationenbeziehungen stehen im Spannungsfeld von Tradition und Revolution und sind strukturell von Ambivalenz geprägt. Insofern wohnt Generativität– gefasst als das Wissen um das Aufeinanderangewiesensein der Generationen, was gegenseitige Verantwortung und insbesondere die Sorge der älteren Generation für die nächste Generation impliziert – immer ein Moment der Krise inne. Doch mit Blick auf die Folgen der andauernden globalen Krise stellt sich die Frage, ob und inwiefern sich gegenwärtig Generativität selbst in einer Krise befindet. Ist die gegenwärtige Krise auch eine Krise der Generativität, da sich in der gegenwärtigen Gesellschaft ökonomisch, sozial und ökologisch nachhaltiges Handeln weder individuell noch kollektiv zu „lohnen“ scheint? Was ist der gesellschaftliche Preis für diese Leugnung von Abhängigkeit und wie kommt sie gesellschaftlich und sozialpsychologisch zustande? Umgekehrt ist zu fragen: Welche psychosozialen Auswirkungen haben die gegenwärtigen sozioökonomischen und politischen Krisen auf die Generationenbeziehungen, auf Kindheit und Adoleszenz, und auf Geschlechterverhältnisse?
Die 2. Jahrestagung der Gesellschaft für psychoanalytische Sozialpsychologie orientiert sich an diesen Leitfragen, die im Eröffnungsvortrag und in verschiedenen AGs aufgegriffen und diskutiert werden. Ausserdem soll über die Struktur und die Aufgaben der neu gegründeten Gesellschaft gesprochen werden. Wir laden alle an der psychoanalytischen Sozialpsychologie Interessiertenherzlich ein, an der Tagung teilzunehmen und sich an der Diskussion zu beteiligen.


Vortrag: Zukunft der Nachkommen – generative Krisen der Gegenwart (Vera King)
Der Begriff der Generativität zielt aus einer kulturtheoretischen und sozialpsychologischen Sicht auf produktive Bedingungen im Generationenverhältnis. Generativ zu sein bedeutet, förderliche Bedingungen für die Entwicklung der Nachkommen in Familie und Kultur herzustellen. Dies beinhaltet: Fürsorge angedeihen zu lassen, Ressourcen bereitzustellen auch für eine Zukunft, aus der man selbst ausgeschlossen ist. Krisen der Generativität und destruktive Potenziale, aber auch kreativ versöhnende Haltungen gründen maßgeblich in dieser aus der individuellen Endlichkeit resultierenden Spannung. Sie sind verknüpft mit der Art, in der Vergänglichkeit und generationaler Wechsel, Weitergabe und Neuschöpfung kulturell gedeutet, institutionell reguliert und individuell bewältigt werden können. Im Vortrag werden diese Zusammenhänge beleuchtet und Krisenpotenziale analysiert.

Workshop 1: “Next Generation(s)?! Geschichtskonstruktionen der psychoanalytischen Sozialpsychologie” (Jan Lohl, Markus Brunner)
NachwuchswissenschaftlerInnen im Feld der psychoanalytischen Sozialpsychologie wurden in den vergangenen Jahren als „next generation“ bezeichnet. Diese Anrufung und Selbstbezeichnung ist ambivalent und verweist auf eine “ältere Generation”. Mit dieser Konstruktion von Generationen sind vermutlich geteilte, aber unterschiedlich besetzte Bilder von “Urvätern” (Adorno, Mitscherlich uvm.) verbunden. Im Workshop fragen wir nach Verschränkungen einer invention of tradition mit Tradierungen der psychoanalytischen Sozialpsychologie. Was bedeutet es, die Geschichte psychoanalytischer Sozialpsychologie „generationell“ zu denken?

Workshop 2: Die neuen Väter und der alte Antifeminismus (Sebastian Winter)
Im Zuge des Übergangs zu postfordistischen (Re-)Produktionsformen sind die überkommene Geschlechterordnung und damit auch die “Väterlichkeit“ fraglich geworden. Einerseits ist die Flexibilisierung starrer Geschlechternormen erwünscht, andererseits gibt es eine antifeministische Gegenbewegung, die sich klare Geschlechtsidentitäten zurückwünscht. Die “Väterrechtsbewegung” führt diesen Kampf in Bezug auf die Verfügung über Kinder, die den Vätern angeblich entzogen würden. Welches affektive Fundament hat diese Bewegung? Welchen subjektiven Konflikten bietet sie scheinbar ein Lösungsmuster an? Diese Fragen werden wir anhand von Quellentexten aus der Väterrechtsbewegung diskutieren.

Workshop 3: Verwendungen psychoanalytischer Erfahrung in der Analytischen Sozialpsychologie am Beispiel des Verhältnisses von Übertragung und Gegenübertragung (Mechthild Zeul, Karola Brede, Dominic Angeloch)
Gemeinsamer Ausgangspunkt wird sein, dass psychoanalytisch-interpretatorische Erkenntnisbildung ihre Grundlage in der Hermeneutik hat. Es werden verschiedene Wege diskutiert, ausgehend von psychoanalytischer Erfahrung Werke der Ästhetik (Film, Roman u.a.m.) zu erschließen und der Kritik zugänglich zu machen. Die Diskussion konzentriert sich anhand von anschaulichen Beispielen auf das inspirierende, aber auch kontrovers gehandhabte Kernstück des Zugangs zu Kunstwerken: auf das Verhältnis von Übertragung und Gegenübertragung.

Workshop 4: Gescheiterte Generativität? Adoleszenztheoretische Zugänge zum Phänomen ‘Islamischer Staat’ (Interpretationsgruppe zu empirischem Material) (Christoph Schwarz, Lutz Eichler)
Der offene Interpretationsworkshop befasst sich mit dem Phänomen der Rekrutierung junger Männer aus Europa durch den ‚Islamischen Staat‘ (IS). Wir möchten versuchen, anhand von Propagandamaterialien des IS gemeinsam herauszuarbeiten, wie die intergenerationale Dynamik hier manifest und latent verhandelt wird und Überlegungen anstellen, welche Relevanz dies für die Rekrutierung haben könnte.

Hier finden Sie den Flyer zur Tagung